Druckausgleich

Die meisten von uns können sich daran erinnern, als sie das erste Mal beim Schwimmen den Versuch unternahmen, zum Grund eines Schwimm – oder Sprungbeckens zu tauchen, oder beim Schnorcheln im Meer den Korallen oder Fischen näher zu kommen. Was passierte in diesem Moment? Genau! Es entstand bereits kurz unter der Wasseroberfläche ein unangenehmer Druck auf den Ohren. Warum ist das so?

Der Druck des Wassers

Wasser in einer Säule aufgefangen, wiegt und hat Druck, der von oben nach unten zunimmt. Der Druck von 1 Meter Wassersäule ist definiert als derjenige Druck, der dem hydrostatischen Druck in 1 Meter Wassertiefe entspricht.

Der Druck der Atmosphäre

Unsere Atmosphäre besteht zunächst aus einem Gemisch aus Gasen, welches sich wie eine Hülle um unsere Erde formt. Für uns Menschen ist dabei unsere Atemluft entscheidend, ein Gemisch aus Stickstoff, Sauersoff, Edelgase und Kohlendioxid, welches uns umgibt. Demzufolge haben wir es auch mit unterschiedlichen Luftdruckverhältnissen zu tun, die aus folgenden Definitionen entstehen:

  • Der Luftdruck ist der Druck, der aufgrund der Gewichtskraft der Luftsäule oberhalb eines Körpers auf diesen Körper wirkt.
  • Luftdruck wird häufig in der Einheit „bar“ angegeben, wobei 1bar=105Pa entspricht.
  • Der mittlere Luftdruck der Atmosphäre auf Meereshöhe beträgt mit 101325Pa etwa 1bar.

Luftdruck und Wasserdruck

Da, der Definition entsprechend, der atmosphärische, und damit eben auch der Luftdruck an der Erdoberfläche auf das Wasser wirkt, müssen wir eben die Drücke beider Elemente zusammenrechnen. Taucht nun ein Taucher in einem Gewässer in die Tiefe, umgibt ihn zum ohnehin vorhandenen Luftdruck der ständig steigende Wasserdruck. Beides wirkt auf den Körper des Tauchers.

Druckzunahme in der Tiefe

Nach den tauchphysikalischen Berechnungen steigt der den Taucher umgebende Druck alle 10m um 1bar. So herrscht in 10m Tiefe bereits ein Druck von 2bar. Also doppelt so viel, wie an der Oberfläche.

Luftgefüllte Hohlräume des menschlichen Körpers

Da der menschliche Körper zu 70 bis 90% aus Wasser besteht, und Flüssigkeit nicht komprimiert werden kann, macht die Druckzunahme dem Taucher zunächst gar nichts aus. Allerdings haben Menschen Hohlräume im Körper, die Luft beinhalten. Und auf diese Hohlräume wirkt der erhöhte Druck. Das Dumme daran ist, dass sich die Druckverhältnisse in unseren Hohlräumen nicht automatisch anpassen. Dafür müssen wir durch einen aktiv herbeigeführten Druckausgleich sorgen, da es sonst Verletzungen geben kann.

Die Sinushöhlen

Außer dem Mittelohr, auch Paukenhöhle genannt, gibt es darüber hinaus die Stirnhöhlen, die Nasennebenhöhlen mit Kiefernhöhle und Keilbeinhöhle, sowie die Siebbeinzellen. Dieses Höhlensystem wird durch Nase und Ohrtuben (Eustachische Röhre) belüftet.

Druckausgleich im menschlichen Höhlensystem

Da der Druck der Umgebung auf die Sinushöhlen wirkt, muss der Druck in den Sinushöhlen dem Umgebungsdruck standhalten. Doch komprimiert die in den Sinushöhlen vorhandene Luft proportional. Wenn da nicht rechtzeitig ein Druckausgleich geschaffen wird, kommt es zu sogenannten Barotraumata, also Druck bedingte Verletzungen.

Die Druckausgleichtechnik

Die einfachste und bekannteste Maßnahme ist das Ausatmen in die Nase, während man diese zuhält. Normalerweise gibt es dann ein plopp – ähnliches Geräusch in den Ohren. Doch nicht immer will so ein Ausgleich funktionieren, weswegen es einige verschiedenartige Techniken gibt, die auch diverse Vorbereitungen und Trainings benötigen.

Die Praxis

Mache folgenden Test:

  1. Atme ein und aus, dass du dabei abwechselnd die Nase oder den Mund zuhalten kannst.
  2. Lasse etwas Luft in den Mund und halte die Lippen geschlossen.
  3. Halte die Nase zu.
  4. Drücke Luft in die zugehaltene Nase und, oder in die Ohren, ohne dabei die Bauch- oder Brustmuskeln anzustrengen.

Wenn nach dem letzten Punkt ein Knirschen oder ein Plopp, gerne auch ein Klick, oder ähnliches stattgefunden hat, und du danach auch ein verändertes Hörgefühl hast, scheint der Druckausgleich zu klappen. Über diesen Vorgang regelmäßig

Vorbereitende Übungen für den fortgeschrittenen Druckausgleich

Die folgenden Übungen stammen aus dem Buch „The Manual of Freediving“ von Umberto Pelizzari & Stefano Tovaglieri. Da für den Druckausgleich einige Muskeln beteiligt sind, ist es ratsam, diese zu trainieren und somit aufzuwärmen. Wiederhole jede Übung 20 mal.

  1. Zunge – strecke die Zunge soweit raus wie möglich, ohne dabei eine Grimasse zu ziehen; dann ziehe sie wieder komplett zurück und fahre dabei mit der Zungenspitze am Gaumen entlang.
  2. Zunge – fahre mit der Zungenspitze kreisförmig über deine Lippen. Einmal linksherum, einmal rechtsherum.
  3. Kiefer – öffne den Mund vorsichtig soweit wie möglich, ohne dabei Muskeln zu bewegen, die dafür nicht erforderlich sind; dann schließe ihn wieder.
  4. Kiefer – bewege den Kiefer vorsichtig von links nach rechts und zurück. Lasse dabei nur einen schmalen Spalt zwischen den Zahnreihen.
  5. Kiefer – bewege den Kiefer vor und zurück. Lasse auch hier nur einen schmalen Spalt.
  6. Kiefer – kreise mit dem Kiefer vorsichtig im Uhrzeigersinn, dann entgegengesetzt. 7. Gaumensegel – mache 3 schnelle und kräftige „ah“-Laute, danach eine kurze Pause. 8. Gaumensegel – dann fahre mit je dreimal folgenden Lauten fort, jeweils mit einer kurzen Pause dazwischen: „ee“, „eh“, „oh“, „oo“, „eek“, „ak“, „ok“, „ook“.
  7. Ergänzend: Nimm etwas Wasser in den Mund, halte dir die Nase zu und schlucke es plötzlich einem Zug herunter.

Übungen mit dem Otovent

Bei einem „Otovent“ handelt es sich um einen Luftballon mit einem Ventil, welches das Aufblasen mit der Nase ermöglicht. Du bekommst ihn in jeder Apotheke. Halte den Ballon an dein rechtes Nasenloch und verschließe das linke. Blase den Ballon durch das rechte Nasenloch auf. Lasse dann die Luft aus dem Ballon wieder zurückfließen und schlucke dabei. Wiederhole das mit dem linken Nasenloch. Vielleicht spürst du, dass die Luft in dein Mittelohr strömt und deine Trommelfelle wölbt. Nachdem du jetzt weißt wie man mit dem Otovent arbeitet, nutze die einströmende Luft um „ag“ auszusprechen und moduliere es mit allen Vokalen (ag, eg, ig, og, ug); fahre dann fort mit „gha“ (ghe, ghi, etc.), danach „ka“ (ke, ki,…) und „gla“ (gle, gli,…). Am Ende kannst du einfach damit spielen, die Luft aus dem Otovent in dein Mittelohr fließen zu lassen. Du spürst jetzt wahrscheinlich, dass nicht viel Handlung in dieser Übung steckt, als vielmehr ein „Geschehen lassen“.

Epilog

Es gibt viele Menschen, die noch nie einen Druckausgleich gelernt haben, die ihn aber immer konnten, teilweise sogar ohne dabei die Nase zuzuhalten. Es gibt aber auch Menschen, die mit dem Schnäuzen in die zugehaltene Nase unter Druck aus dem Bauch klarkommen, da sie gar nicht sehr tief tauchen wollen. Wer allerdings weder ein Talent, noch ein Taucher mit rudimentärer Technik ausgestattet ist, sollte sich gleich mit den eben erklärten Übungen auseinandersetzen, da diese zur Technik „Frenzel“ führen, welche am Ende sehr leicht und virtuos eigesetzt werden kann.

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